Digital Life
Nachbarschafts-Apps: Soziale Netzwerke vereinen Nachbarn
Eine etwas andere Art von Social Media soll Nachbarn verbinden: Die Nachbarschafts-Apps. Manchmal wird über diese ein empfehlenswertes Café oder ein Babysitter gesucht, manchmal wird ein Einbruch oder eine Straßensperrung gemeldet. Der amerikanische Pionier „NextDoor“ hat in den USA mit diesem Konzept nach eigenen Angaben bereits mehr als 82.000 Wohngegenden über das Internet miteinander vernetzt – nun ziehen Europa und Südafrika mit eigenen Anwendungen nach. Doch was macht die Nachbarschafts-Apps so besonders?
Die Nachbarschaft immer dabei
Der Vorreiter für dieses Konzept ist der amerikanische Hersteller Nextdoor, der es seit seinem Launch 2011 geschafft hat, in den USA zig Millionen Nachbarn in über 82.000 Wohngegenden miteinander zu verbinden – um die genaue Nutzerzahl wird allerdings ein Geheimnis gemacht. Die Nachbarschaft immer in der Tasche zu haben, scheint also anzukommen. In Deutschland gibt es bereits die Anbieter Nachbarschaft.net, nebenan.de und Wirnachbarn.com, die wie der amerikanische Vorreiter eine Art Nachbarschaftshilfe im Netz anbieten.
Geschlossene Nachbarschaft: Zugang nur für echte Nachbarn
Bei anderen Social Media Plattformen wie Facebook oder Twitter wird man nach der Registrierung Teil eines riesigen Netzwerks, kann mit allen Mitgliedern Kontakt aufnehmen und sich auf der gesamten Plattform bewegen – die einzige Ausnahme sind Profile mit beschränkter Sichtbarkeit und geschlossene Gruppen. Nachbarschafts-Apps fragen bei der Registrierung den Wohnort ab und teilen das neue Mitglied einem begrenzten Abschnitt auf der Karte zu – seiner persönlichen Nachbarschaft. Dabei muss man sich für die erste Registrierung ein paar Minuten mehr Zeit nehmen, als man das sonst von Registrierungen kennt. Damit die Macher der App auch wirklich sicher gehen können, dass Du in der angegebenen Nachbarschaft wohnst, hast Du mehrere Möglichkeiten, Deinen Standort zu verifizieren: Per Personalausweis, Kreditkarte oder Stromrechnung – oder auch durch die Angabe einer Telefonnummer oder über den Postweg. Bei dieser Möglichkeit bekommst Du eine Postkarte mit Deinem persönlichen Code zugeschickt, mit dem Du Dich anschließend anmelden kannst. Dadurch, dass jeder Nutzer seinen Wohnort nachweisen muss, entsteht eine geschlossene Gemeinschaft in der digitalen Welt, die aus realen Nachbarn besteht. Allerdings sind auch hier Schlupflöcher für Betrüger nicht auszuschließen – ein wenig Vorsicht ist also dennoch geboten.
Was bieten die Apps?
Die Plattformen bieten mehr als private Chats und einen Informations-Stream, in dem jeder Nachbar mit der gesamten digitalen Nachbarschaft Informationen teilen und kommentieren kann. In einem Gemeinschafts-Terminkalender können Events einfach geplant werden, Nachbarschaftsvorteile bei Unternehmen bringen lokale Vergünstigungen, beispielsweise Prozente bei der Eisdiele um die Ecke. Unternehmen wie Restaurants und Cafés zahlen dafür, in der App gelistet zu sein und die Angebote zu stellen. So monetarisieren die Hersteller der Nachbarschafts-Apps ihr Angebot, ohne den Nutzern Werbung zeigen zu müssen. „Nachbarschaft.net“ bietet außerdem eine Matching-Funktion à la Tinder, die Nachbarn mit ähnlichen Interessen herausfiltert und die beiden einander zum Kennenlernen vorschlägt.
Südafrika: App OurHood bekämpft Kriminalität
In Südafrika erfüllt eine Nachbarschafts-App einen weitaus ernsteren Zweck, als Seelenverwandte zu finden oder einen Rabatt in der Eisdiele herauszuschlagen: OurHood mit Sitz in Kapstadt will Nachbarn verbinden, um Südafrika sicherer zu machen. „Ich habe heute Morgen diesen Kerl gesehen, er hat sich auf der Straße rumgetrieben und Autos abgecheckt“, informiert ein Nutzer seine Nachbarn und postet einen Schnappschuss des möglichen Kriminellen. Bruce Good, Gründer des südafrikanischen Start-ups, sieht in der alltäglichen Kriminalität in den Großstädten des Landes die ideale Chance, mit der digitalen Nachbarschaftshilfe anzusetzen. Selbst eine Wasserflasche oder gar eine Decke im Auto kann für Diebe eine Einladung zum Einbruch sein und beinahe jedes Haus ist mit Kameras, Alarmanlage und/oder Security-Kräften ausgestattet. Anwohner können sich bei Einbrüchen, Diebstählen und Überfällen über die Plattform gegenseitig warnen – jede Kriminalitäts-Meldung erscheint nicht nur im Informations-Stream, sondern wird auch als SMS an alle Nachbarn verschickt.
Hyperlokale Angebote
Ob die Nachbarschafts-Portale für sozialen Kontakt, Gemeinschaftsevents, Kriminalitätsbekämpfung oder lokale Rabatte genutzt werden – das Besondere der Nachbarschafts-Apps ist die Schaffung einer geschlossenen Gemeinschaft, in der sich jeder Nachbar verifizieren muss. Durch die Rabatte im Laden oder Café um die Ecke verstärken diese Portale auch den Trend hin zu Hyperlokalen. Wir können gespannt sein, ob die deutschen Konkurrenten hierzulande denselben Erfolg verzeichnen können wie „Nextdoor“ in den Vereinigten Staaten…
Wie findest Du die Idee der Nachbarschafts-Apps? Meldest Du Dich gerade schon an, oder ist Dir das dann doch zu viel nachbarschaftliches „Geklüngel“? Schreib’ es uns in die Kommentare.