Digital Life
Hallo automatisiertes Leben
Schon ok, ich mach das für Dich. Im Alltag werden uns immer mehr Aufgaben von Maschinen abgenommen. Automatisierung ist längst normal. Die einen entlastet es, die anderen belastet es. Und auf die Frage „Ist das sinnvoll?“ gibt es ein ganz klares JEIN.
Was mit der industriellen Revolution anfing, ist seitdem quasi in Lichtgeschwindigkeit vorangeschritten.
Die Interaktion mit Maschinen ist längst normal und regelt ganz selbstverständlich einen immer größer werdenden Teil unseres Alltags. Die Idee dahinter: unser Leben so leicht und effektiv wie möglich zu gestalten. Wir lassen Autos selbst einparken, reden ohne zu zögern mit Maschinen, checken vom Strand, ob zuhause alle Lichter aus sind und spionieren dem Hund nach, ob er heimlich im Bett schläft. Bei der Automatisierung im Alltag sind es speziell die Kleinigkeiten, die unsere technisierten Herzen höher schlagen lassen.
Automatisierung – oder: An nichts mehr denken müssen
IFTTT bedeutet „If This Then That“ oder auf gut Deutsch „Wenn dies dann das“ und ist eins der Schlüsselelemente für die Automatisierung unseres Lebens. Im Grunde sind es simple Anweisungen, die nach dem Muster funktionieren: Wenn Trigger X eintritt, soll Aktion Y gestartet werden. Damit meine ich nicht den Klassiker „Wenn Du nicht aufisst, gibt es morgen schlechtes Wetter“ sondern Sachen wie: Wenn mein Wecker klingelt, stellt sich die Kaffeemaschine automatisch an. Mit Techniken wie diese, durch die verschiedene technische Elemente in unserem Leben miteinander kommunizieren, können wir im Grunde unseren gesamten Tag füllen und sämtliche Prozesse automatisieren. Das Handy stellt sich auf lautlos, wenn man im Büro ankommt. Lampen gehen an, sobald die Sonne untergeht. Der Freund oder die Freundin erhält eine Nachricht, wenn man auf dem Weg nach Hause ist. Der Wecker klingelt, wenn man im Zug an seiner Haltestelle ankommt. IFTTT kennt wenig Grenzen. Nur Bier kalt stellen, wenn man einen schlechten Tag hatte, funktioniert noch nicht. Aber dafür ist ja die Nachricht an den Freund da.
Foto: Tile
Während IFTTT uns die kleinen Denkprozesse abnimmt, erspart uns eine Technik wie Tile das „Sich-Erinnern-Müssen“. Wie oft hab ich schon meinen Schlüssel gesucht, um ihn dann nach panischem Suchen im Kühlschrank oder an noch absurderen Orten zu finden. Tile macht damit Schluss. Es handelt sich dabei um einen kleiner Anhänger, den man auf sämtliche Gegenstände kleben kann und diese so über Bluetooth mit dem Smartphone verbindet. Ein Blick in die App und sofort weiß man, wo alles ist – ganz ohne sich erinnern oder die letzten Schritte zurückverfolgen zu müssen. Und die App erklärt einen auch nicht für blöd, wenn sie uns zum hundertsten Mal anzeigt, dass die Fernbedienung im Nirvana, alias der Sofaritze, verschwunden ist.
Smart Home, Smart City, Smart Everything
Generell spielt im automatisierten Alltag das eigene Zuhause eine immer größere Rolle. Denn gerade bei grundlegenden Themen wie zum Beispiel der eigenen Sicherheit kann sie enorme Vorteile bringen. Um Einbrecher an der Nase herumzuführen, lassen viele das Licht an, wenn sie abends das Haus verlassen, oder stellen Zeitschaltuhren ein, wenn sie in den Urlaub fahren. Gewitzte Diebe haben das aber längst durchschaut. Per Automatisierung sind wir ihnen endlich wieder einen Schritt voraus. BeON etwa ist ein vernetztes Lampensystem, das sich per App steuern lässt. Besser noch: Es ist lernfähig und merkt sich unsere Beleuchtungsgewohnheiten. Diese können dann einfach simuliert werden, wenn wir nicht da sind. Das geht soweit, dass die Technik sogar darauf reagiert, wenn jemand klingelt, und nach und nach die Lampen Richtung Haustür anschaltet.
Aber nicht nur die einzelnen Häuser werden intelligenter, auch die Städte nehmen uns Arbeit ab. Dem Beispiel von Philadelphia folgend setzen sich Städte wie Barcelona für eine automatisierte Abfallwirtschaft ein. Konkret heißt das, dass Sensoren an Müllbehälter angebracht werden. Die schicken dann automatisch eine Nachricht an die städtische Müllabfuhr, sobald sie einen bestimmten Füllstand erreicht haben. Statt eines festen Fahrplans kommt so die Müllabfuhr nur noch, wenn es wirklich Sinn macht. Das spart Fahrten, Geld und Zeit und ist gut für die Umwelt.
Automatisiert ist nicht immer gleich besser
Ob Automatisierung aber wirklich immer das Leben leichter macht, sei mal dahingestellt. Zumal Technik zwar insgesamt immer intelligenter wird – mitdenken aber zumindest manchmal noch optional ist.
„Vielen Dank für Ihren Anruf. Um Sie schnellstmöglich mit dem für Sie richtigen Mitarbeiter verbinden zu können, wählen Sie bitte aus folgenden Optionen: 1 für …“ Dieser Satz löst im Bruchteil einer Sekunde Rage und Verzweiflung aus. Wenn es eine Automatisierung der heutigen Zeit gibt, die so ziemlich jeder rückgängig machen möchte, dann die automatische Ansage. Vor allem, weil wir alle wissen, was nach der monotonen Ansage des Grauens kommt. Der endlose Ziffer-Drück-Marathon, der nur eins mit Sicherheit macht: uns zum falschen Ansprechpartner weiterleiten. Automatisierung macht eben nur dann das Leben leichter, wenn sie wirklich entlastet.
Und auch die Check-In-Automaten am Flughafen zeigen ganz klar: Automatisierung hilft leider nicht jedem. Der Automat hat den menschlichen Mitarbeiter teils komplett ersetzt, verwirrt aber die meisten Reisenden mehr als alles andere. Das hat zur Folge, dass immer mehr menschliche Mitarbeiter an den Automaten aufgestellt werden, um irritierten Senioren, Großfamilien und eigentlich auch jedem anderen zu helfen, das Gerät zu überlisten. Wahrscheinlich hat bald jede Maschine ihren eigenen Service-Mitarbeiter und das Projekt nennt sich dann „Vorwärts in die Vergangenheit“.
Das mit der Automatisierung ist so eine Sache
Einerseits ist sie brilliant. Die Möglichkeiten und Ideen scheinen endlos und die Grenze nur unsere Fantasie. Vielleicht fährt schon bald niemand mehr von uns sein Auto selbst. Der Blinddarm wird per Fern-OP übers Netz von einem Arzt in Argentinien entnommen oder unser Kühlschrank fährt selbst zum Supermarkt. Aber eben nicht alles ist automatisiert automatisch besser und vor allem leichter.
Denn was die Automatisierung mir manchmal ebenfalls leichter macht, ist es, mich aufzuregen. Das ist es aber mehr als wert, wenn meine Kaffeemaschine mich demnächst morgens mit frischem Kaffee weckt und meine Dusche schon mal warm läuft.
Foto: iStock Photo