Digital Life
#FEATURISTA – Die Sache mit der smarten Kleidung
Ich sehe die Kommentare schon vor mir: Mädchen und zukunftsweisende Technik. Da habt ihr ja schön den Bock zum Rentner gemacht. Oder um es in der Nerdsprache auszudrücken: Da habt ihr ja schön den Blog zum Ranter gemacht. Aber ich kann Dich beruhigen. Das Klischee des Mädchens, das auf die Frage „Was für ein Handy-Modell hast Du?“ mit „Ein blaues“ antwortet, ist überholt. Immer mehr Mädchen streben in den Technik-Bereich. Waren 2012 noch unter 5% der Studienplätze für Ingenieure an junge Frauen vergeben, sind es 2015 schon mehr als ein Viertel. Tendenz steigend. Okay, das erklärt jetzt noch nicht, warum ausgerechnet ich mich hier bei Featured zukünftig regelmäßig den neuesten Gadgets und Trends im Technikbereich widmen werde. Aber ich bin total prädestiniert. Ich war 2007 eine der Ersten überhaupt, die ein Prada Handy besaßen. Wenn mich das nicht qualifiziert, dann weiß ich es auch nicht.
Überhaupt sind die Überschneidungen zwischen dem Fashion-Bereich, in dem ich mich die letzten Jahre hauptsächlich getummelt habe, und dem Technik-Bereich immer fließender. Da sind Handys von großen Designer-Labels ab Mitte der 2000er-Jahre nur der Anfang gewesen. Es gab Handys von Dolce & Gabbana (vor allem das goldene RAZR von Motorola), Dior, Armani, Hugo Boss und vielen anderen. Und heute wird in der Mode das Thema „smart“ immer wichtiger. So, wie es das „Smart Home“ gibt, gibt es auch „Smart Dresses“. Kleidung für den 3D-Drucker. Der kalifornische Designer Ying Gao hat Kleider in seiner Kollektion, die Form und Farbe ändern, sobald jemand das Kleid ansieht. Man meint beinahe, das Kleid führt ein Eigenleben.
Es gibt Sportjacken, die bei Erschütterung eine Art Airbag um den Kopf aufbauen. Eine grandiose Idee zur verstärkten Sicherheit beim Sport, zum Beispiel beim Radfahren oder Skaten. Schon vor drei Jahren lief Ex-Pussycat Doll Nicole Scherzinger mit einem Twitter-Dress über den roten Teppich. Ein Couture-Kleid, das über Displays aktuelle Tweets zu einem bestimmten Hashtag in Echtzeit abspielt. Das hat mich sehr neidisch gemacht. Designer arbeiten an Jacken, die bei Wärme kühlen und bei Kälte wärmen. Quasi eine Klimaanlage zum Anziehen.
Eltern können ihre Kinder Kleidung mit RIFD-Chips tragen lassen, um stets zu wissen, wo sie sich gerade aufhalten. Gut, dass es das erst jetzt gibt. Wie oft meine Eltern dachten, ich schlafe bei meiner besten Freundin und wir lernen für eine Matheklausur, während wir eigentlich … obwohl, das gehört hier jetzt nicht hin. Der Vormarsch der High-Tech-Ideen in die Welt der Mode und auch der Haute Couture ist also unaufhaltsam. Mode war immer schon eine der wichtigsten Arten, mit seiner Außenwelt zu kommunizieren – und das wird sich durch technische Innovationen noch dramatisch verstärken.
Mein aktueller Liebling in diesem Zusammenhang ist vom High-Tech-Gesichtspunkt aus relativ unspektakulär, aber für jede Frau ein grandioses Spielzeug: ein T-Shirt mit einem superflachen Display, auf dem Du je nach Laune per App einen Spruch aufleuchten lassen kannst. Stell Dir nur mal die Möglichkeiten vor. Abends in Clubs schnell mal ein „Nee, Digger, kein Interesse“ oder ein „Netter Versuch, aber ich stehe nicht auf Basecaps“ auf das Shirt zaubern. Schneller wird man ungebetene, selbsternannte Flirtweltmeister mit Sicherheit nicht los.
Die Fashion-Branche wird natürlich nicht die Branche sein, die neue technologische Meilensteine erfindet wie das iPhone. Aber als Branche, die immer darauf angewiesen ist, den aktuellen Trend zu bestimmen und der Lebensrealität ihrer Kunden zu folgen, wird sie sicher eine der Branchen sein, die durch das Zusammenspiel von Technik und Design unsere Art, uns zu kleiden, in den nächsten Jahren mehr und mehr Richtung High Tech revolutionieren wird. Ich persönlich freue mich darauf.
Über diese, aber auch technische Neuerungen ganz abseits der Modewelt werde ich ab jetzt hier berichten. Ich werde versuchen, mich noch näher an die Materie zu arbeiten als Karl Lagerfeld („Technik interessiert mich nicht. Obwohl, ich habe 50 iPods“). Vermutlich werde ich mich bei der einen oder anderen technischen Neuerung hübsch lächerlich machen und das mit Bildern dokumentieren. Aber ich werde mein Bestes geben. Wenn Du also demnächst irgendwo eine Frau mit zerstörter Frisur nach ihrer Mutter schreiend an einer Drohne hängen siehst – sag ruhig mal „Hallo“. Und Mama, falls Du das liest: Das mit dem RFID-Chip war natürlich nur ein Scherz. Du weißt ja, wie grandios gut ich immer in Mathe war.
Bis bald, lieber Fashion-Tekkie.
Deine Marie