Digital Life
Digitale Barrierefreiheit: Technik und Apps für Menschen mit Behinderung
Technologien können das Leben von Menschen mit Behinderung nicht nur erleichtern, sondern ein großes Stück unabhängiger und selbstständiger machen. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe technischer Hilfsmittel und Apps, die körperlich eingeschränkten Menschen im Alltag mehr Freiheiten schenken. Wir stellen Dir spannende Innovationen vor.
Während die Autoindustrie an vernetzten Fahrzeugen arbeitet, sind smarte Transportmittel für Menschen mit Behinderung schon jetzt auf der Überholspur. Moderne Rollstühle können durchaus mit der smarten Technik aktueller Auto-Neuheiten mithalten und heben das Mobilitätsgefühl von Menschen mit einer Gehbehinderung auf ein neues Level.
Whill Ci: Der Rennwagen des Bürgersteigs
Bei der japanischen Firma Whill ist Vierradantrieb bei den Hightech-Rollstühlen eine serienmäßige Selbstverständlichkeit – schließlich möchten auch gehbehinderte Menschen im Gelände und in Schneelandschaften mobil sein. Der aktuelle Bestseller, das Modell Ci mit Bluetooth-Schnittstelle, Elektroantrieb und USB-Ladebuchse fürs Smartphone, lässt sich mittels Controller, iPhone oder Android-Gerät steuern. Über die Mobile-App kannst Du zum Beispiel den Fahrmodus und die Geschwindigkeitsstufe wählen, Betriebsdaten wie den Batteriestatus abrufen und Dich unterwegs über Probleme oder Hindernisse informieren.
E-Chair: Ein Elektro-Rollstuhl, der sich selbst verfrachtet
Der Autohersteller Ford hat sich währenddessen einem anderen Alltagsproblem von Rolli-Fahrer:innen angenommen: dem Ein- und Ausladen des unhandlichen Gefährts. Seine Lösung präsentierte Ford bereits 2016 beim Kreativwettbewerb „Ford Global Mobility Challenge“ mit dem E-Chair. Der smarte Elektrorollstuhl soll sich ohne menschliche Hilfe in den Kofferraum verfrachten, am Ziel per Touch-Befehl selbstständig ausladen und zur Fahrertür gerollt kommen. Bislang ist das Ganze nur ein Konzept, das in ein ganzheitliches Fahrzeugsystem aus Sensoren und Bluetooth-Steuerung integriert werden soll.
Mehr Mobilität mit autonomen Rollstühlen
Panasonic hat einen smarten und autonom fahrenden E-Rolli entwickelt, der insbesondere in Gebäuden barrierefreie Mobilität ermöglichen soll. Der Whill Next erkennt seine Position im Gebäude und navigiert sich über Sensoren selbstständig durch den Raum. Das Ziel können Fahrer:innen über eine Smartphone-App angeben. Auf diese Weise lässt sich der E-Rolli auch aus der Ferne zu sich rufen, wenn er gerade nicht dort ist, wo er gebraucht wird. Ist der Akku leer, kehrt der Rollstuhl wie ein Staubsaugerroboter selbstständig zu seiner Basis zurück. Der Whill Next war bereits an einem Flughafen in Japan testweise im Einsatz, um Passagieren mit eingeschränkter Mobilität die langen Wege zwischen den Terminals zu erleichtern.
Gadgets für Menschen mit Behinderung: Zurück ins Leben mit bionischen Prothesen und Exoskeletten
Aufrecht stehen und gehen ohne Gefühl in den Beinen – Exoskelette machen es möglich. In vielen Kliniken sind die motorisierten Körperstützen bereits zu therapeutischen Zwecken im Einsatz. Die futuristisch anmutenden Geh-Roboter von Herstellern Ekso Bionics helfen Menschen mit einer Querschnittslähmung zum Beispiel nach einem Unfall oder Schlaganfall, die ersten eigenen Schritte zu wagen. Auch außerhalb der Reha kommen Senioren oder Menschen mit Gehbehinderung dank Power-Anzügen wie dem Superflex wieder auf die Beine oder entfalten mit tragbaren Körpergerüsten ungeahnte Kräfte. Wie bionische Prothesen fehlende Gliedmaßen ersetzen und sogar Teil des eigenen Körperempfindens werden können, haben wir Dir in unserer Reihe #TheFutureIsExciting gezeigt. Eine künstliche Hightech-Hand ermöglicht zum Beispiel dem Professor Bertolt Meyer ein ganz normales Leben.
Intelligente Morgenroutine: Wenn der Roboter beim Ankleiden hilft
In Senioren-WGs und Pflegeeinrichtungen sind technoide Assistenzen bereits als Aushilfskraft im Dienst, um menschliche Pflegekräfte zu entlasten. Hier könnte Kollege Robot eines Tages Menschen mit körperlicher Einschränkung auch beim Ankleiden zur Hand gehen.
Wichtig dabei ist, dass die Assistenzroboter ihr Gegenüber nicht durch mechanische Bewegungen verletzen oder gefährden. Forschende am Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben dafür eine Lösung entwickelt: Ihr Roboter ist so programmiert, dass er sich ähnlich bewegt wie ein Mensch. Er stellt sich unter anderem darauf ein, wie groß eine Person ist und welche körperlichen Fähigkeiten diese mitbringt. So kann der CSAIL-Roboter zum Beispiel beim Anziehen einer Jacke helfen. Um noch besser auf die individuellen Voraussetzungen und Verhaltensweisen von Menschen reagieren zu können, wird der maschinelle Helfer mit speziellen Algorithmen trainiert und lernt so weiter dazu. Die Software des CSAIL-Teams ließe sich auch bei anderen Assistenzrobotern anwenden, um Menschen mit Behinderung eine sicherere Unterstützung zu bieten.
Dot: Mit dieser Smartwatch können blinde oder sehbehinderte Menschen chatten
Ein Wearable, das Schritte zählt, vor Regen warnt und per Vibration über eingehende Anrufe oder Nachrichten informiert: Dot ist auf dem ersten Blick eine ganz normale Smartwatch. Allerdings ersetzt dieses schicke Accessoire aus Südkorea das digitale Display durch eine analoge Anzeigefläche, auf der 30 bewegliche Punkte sitzen. Diese synchronisieren sich via Bluetooth mit dem Smartphone des Trägers oder der Trägerin und übersetzen alle Informationen in Blindenschrift. Mit diesen Braille-Zeichen können sehbehinderte oder blinde Menschen nicht nur digitale Nachrichten lesen, sondern über die dazugehörige App auch antworten, Anrufe entgegennehmen und diverse Zusatzfunktionen wie Fitnesstracker nutzen.
Auf der Suche nach noch mehr smarter Technik? Lies hier wie die Microsoft PeopleLens durch AR-Brille blinden und sehbehinderten Kindern die Kommunikation erleichtert.
Mit „Be my Eyes“ leihst Du blinden Menschen Dein Augenlicht
Wie erkennen blinde Menschen eigentlich, wann ein Lebensmittel abläuft, oder ob eine Hose zu den Schuhen passt? Die App Be my Eyes könnte Dir vor Augen führen, welche alltäglichen Situationen für Menschen mit einer Sehhinderung problematisch sind – und Du kannst ihnen ganz unkompliziert dabei weiterhelfen. Das funktioniert so: Nach dem kostenlosen Download aus dem Google- oder App-Store kannst Du Dich als Helfende:r oder als sehbehinderte:r User:in registrieren. Meldet ein:e Nutzer:in mit Sehbehinderung ein Problem, wird er oder sie über die App per Video-Anruf mit einem sehenden Menschen aus der Community verbunden. Dieser „leiht“ dann sein Augenlicht, indem er beschreibt, was er im Livestream sieht. Auf diese Weise sollen die meisten Fragen und Herausforderungen innerhalb von einer Minute geklärt werden können.
Für blinde und sehbehinderte Menschen hat die Technik-Welt mittlerweile viele spannende Innovationen zu bieten, die wir für Dich zusammengefasst haben.
Mobile Gebärdendolmetscher: Digitale Barrierefreiheit für Gehörlose
Was heißt nochmal „Schoko-Eisbecher ohne Sahne“ auf Gebärdensprache? Im weltweit größten Wörterbuch der Deutschen Gebärdensprache findest Du bestimmt eine Antwort. Statt umständlicher Erklär-Skizzen visualisiert die digitale Version auf Deinem Android- und iOS-Gerät die gesuchte Gebärde in einer kurzen Videosequenz. Ein kleiner Schnupperwortschatz mit Grundbegriffen steht kostenlos in den App-Stores bereit. Weitere Begriffe kannst Du in zehn Themenpaketen dazu kaufen.
Auch Spracherkennungs-Apps machen den Alltag von Gehörlosen deutlich einfacher. Die ganze Bandbreite technologischer Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung ist aber noch lange nicht ausgeschöpft.
Hast Du weitere Gadgets oder Apps für Menschen mit Behinderung entdeckt, die wir uns genauer ansehen und vorstellen sollten? Wir freuen uns auf Deine Tipps und Hinweise in den Kommentaren!