Digital Life
Augmented Geschmack – wie eine elektronische Gabel die Esskultur revolutionieren könnte
Dolby Surround, 3D-Technik, Google Cardboard, Oculus Rift. Mit der einsetzenden Augmented-Reality-Revolution dürften Auge und Ohr endgültig ihre digitale Übersättigung erleben. Für eine japanische Entwicklerin Grund genug, sich schon einmal dem nächsten Sinnesorgan zu widmen: Der menschlichen Zunge. Eine elektronische Gabel könnte den Vormarsch der Esskultur 2.0 einleiten.
Hiromi Nakamura isst bereits seit drei Jahren elektrisch. „Gefahren gibt es soweit keine. Jedenfalls lebe ich ja immer noch“, lacht die japanische Entwicklerin. Ein Videointerview mit dem Food-Channel Munchies zeigt sie beim Essen mit einer selbst gebauten elektronischen Gabel. Damit reguliert sie den Salzgeschmack ihres gebratenen Hühnchens. Oder genauer gesagt: Sie erhöht die Stromzufuhr, welche die Gabel auf das Fleisch abgibt. Mit richtigen Aromen wird dabei also nicht gearbeitet. Vielmehr regt der Strom die Geschmacksknospen auf Deiner Zunge an, „täuscht“ sie gewissermaßen. Augmented Geschmack eben.
Stromkreis durch deinen Körper
Die gängigen fünf Geschmäcker sind süß, sauer, salzig, bitter und umami (jap., hervorgerufen durch Glutaminsäure, die vor allem in der asiatischen Küche vorkommt). Die durch die Gabel abgegebene Elektrizität bezweckt also, dass die jeweiligen dafür sensibilisierten Bereiche Deiner Zunge stimuliert werden. „Wir wissen bloß noch nicht so richtig, wie genau das geschieht“, gibt Nakamura zu. Fakt ist: In der „Electric Fork“ sind zwei Elektroden verbaut, die zwischen Deiner Hand und der Gabelspitze einen Stromkreis erzeugen. Führst Du das Besteckteil nun in den Mund, wird der Kreis geschlossen – der Strom durchfließt Dich.
„Im Grunde wird schon seit über 250 Jahren elektrisch geschmeckt“, behauptet die Entwicklerin. Damit spielt sie auf die Ursprünge der Elektrizitätslehre, insbesondere auf die Erfindung der Batterie an. Und mal ehrlich: Kennst Du nicht auch jemanden, der schon einmal an einem 9-Volt-Block geleckt hat, um den Füllstand zu testen?
Quelle: Youtube/ Munchies
Nie wieder verwürztes Essen
Alltagsszenarien für den Einsatz der neuartigen Gabel kennt Nakamura viele: „Wir Japaner essen ohnehin viel zu viel Salz, beispielsweise in Form von Sojasoße.“ Kein unbekanntes Problem für Freunde der asiatischen Küche: Ein paar Tropfen zu viel vom schwarzen Würzwunder und die Mahlzeit ist ungenießbar. Nicht so mit der Electric Fork. Einfach den Regler am unteren Teil des Geräts zurückdrehen und den perfekten Salzgehalt einstellen.
Klingt abgefahren, macht aber auch durstig. Doch kein Problem, auf das Hiromi Nakamura keine Antwort wüsste: Ein weiterer Bestandteil ihres abgefahrenen Kücheninventars ist der elektrische Strohhalm. Keine Sorge, eine salzige Note wird Dein Orangensaft dadurch künftig natürlich nicht erhalten. Vielmehr verleiht die Elektrizität dem jeweiligen Getränk einen kohlensäureartigen Effekt. Und so schnell wird Dein frisch gepresster O-Saft dann zur Limonade.
Quelle: Youtube/ Munchies
Tauschen wir bald Geschmäcker übers Internet?
An eine wirtschaftliche Umsetzung ihrer Ideen denkt Hiromi Nakamura derzeit übrigens noch gar nicht. Erst einmal möchte sie abwarten, ob sich ihre Ideen überhaupt durchsetzen können. Auf die japanische Kreativität können wir aber weiterhin zählen: In Gedanken arbeitet die Entwicklerin bereits an einer Art „Tastecloud“, mit der Du Geschmäcker direkt übers Internet austauschen kannst. Bon Appétit!