Digital Life
Algorithmus der Gefühle: Roboter Zeno therapiert autistische Kinder
Elektronik und Emotionen? Das passte bislang nur zusammen, wenn Du Dich über einen kaputten Fernseher geärgert oder über ein neues Smartphone gefreut hast. Jetzt soll ein humanoider Roboter den Spieß umdrehen und zeigen, wie einfühlsam Technik sein kann. Zeno erkennt Emotionen, reagiert mit Gefühl und soll mit dieser empathischen Eigenschaft autistische Kinder therapieren.
Kunststoff-Wuschelhaare, grüne Knopfaugen und orange-grauer Astronautenanzug: Der sprechende Roboter Zeno hat was von einer spacigen Zeichentrickfigur zum Anfassen. Logisch, dass Kinder ihn toll finden und sofort zum Freund haben möchten. Weniger selbstverständlich: Zeno ist kein Spielzeug, sondern ein Therapieroboter mit künstlicher Intelligenz. Der gesprächige Geselle soll autistischen Kindern Nachhilfe in Emotionen geben und zeigt dabei selbst sehr viel Einfühlungsvermögen.
Ein Roboter zeigt Gefühl
Wut, Trauer, Freude oder Überraschung – Autisten können Emotionen oft nicht richtig zuordnen und ausdrücken. Gefühle sind für sie wie eine Art Fremdsprache. In diesem Fach soll Zeno künftig fünf- bis zwölfjährigen Autisten auf die Sprünge helfen. Der 70-Zentimeter-Zwerg verwickelt das Kind in ein „natürliches“ Gespräch, fragt zum Beispiel, wie sein Tag war und was es erlebt hat. Aus den Antworten, der Körpersprache und Tonalität analysiert der intelligente Roboter die Gefühlslage. Dafür nimmt er über ein Mikrofon die Stimme auf und erfasst mit einer Kamera Mimik und Gestik seines Gegenübers. Aus diesen Ton- und Bild-Informationen soll Zeno mit einer Genauigkeit von 70 Prozent die Emotion erkennen und entsprechendes Feedback geben. Sechs Grundgefühlen ist der Roboter-Knirps bereits mächtig – und sorgte mit diesem Talent schon bei einigen Fernsehauftritten für Stimmung.
Video: Youtube / CNN
Unheimlich echt? – Überzeugende Mimik und künstliche Intelligenz
Berichtet ein autistisches Kind zum Beispiel von einem großartigen Tag, zeigt aber keine Freude, demonstriert der Roboter die passende Emotion: Er lacht, tanzt und sagt sowas wie „Hey, das ist ja super!“. Erzählt sein Gegenüber mit tieferer Stimme von einem unschönen Erlebnis, senkt Zeno den Blick, zieht die Mundwinkel nach unten und spiegelt die „versteckte“ Trauer oder Wut des Autisten. Die kindliche Mimik des technischen Therapeuten wirkt dank einer elastischen Latexhaut erstaunlich echt. Deutlich mechanischer zeigt sich hingegen der bewegliche, in Kunststoff gehüllte Körper – was nicht unbedingt ein Nachteil ist. Was Zenos Schöpfer nämlich vermeiden möchten, ist der „Gruselfaktor“: Roboter können schnell unheimlich wirken, wenn sie zwar humanoid, also menschenähnlich aussehen, sich aber eben nicht wie ein richtiger Mensch verhalten. Dafür liefern vor allem asiatische Entwickler regelmäßig neue Beispiele. Generell fällt Autisten außerdem die Kommunikation mit einem Computer oft leichter als der Kontakt zum Menschen – vor allem weil die Technik für sie „durchschaubarer“ ist.
Therapie-Roboter in Schulung
Zeno selbst ist ein Kind des langjährigen EU-Forschungsprojekts De-Enigma, an dem mehrere europäische Institutionen beteiligt sind, darunter die Universität Passau, das Imperial College in London, die Networking-Organisation Autism-Europe in Brüssel sowie der serbische Verband zur Unterstützung von Menschen mit Autismus. Mittlerweile haben in Serbien bereits 26 autistische Kinder Zeno kennengelernt und ins Herz geschlossen. Bis sich der Roboter aber als richtiger Therapeut behaupten kann, soll er noch einiges lernen. Neben Englisch, Deutsch und Serbisch soll der Computer-Junge auch in anderen Sprachen kommunizieren können und vor allem in seinem Fachbereich Emotionen noch um einiges fitter werden.
Damit Zeno künftig auch unter erschwerten Bedingungen wie schlechter Raumakustik und gedimmten Licht die richtigen emotionalen Schlüsse ziehen kann, feilen die Forscher der Universität Passau derzeit noch an der Software für die Audio-und Bildanalyse. Mindestens bis 2019 bleibt Zeno also ein Forschungsroboter, der weitere technische Updates bekommen und Test-Bekanntschaften schließen wird, bevor er tatsächlich in therapeutischen Sitzungen seinen Dienst antritt.
Wie fühlst Du Dich mit dem Gedanken, dass ein Roboter Nachhilfe in Emotionen gibt? Wir zeigen uns garantiert erfreut, wenn Du uns einen Kommentar da lässt.